EVO Qualifier

Arnold Pose, Foto by Acrey Media

Wir schreiben Freitag, den 02. August 2024. Die letzten Wochen und Monate wurde hart an der Form gearbeitet. Seit 03.01 auf Diät und knapp 17 kg runter sind schon eine ganz gute Leistung. Ich reise gemeinsam mit zwei fantastischen Athleten an: Florian Sitzwohl und Daniel Peischl zum Evoqualifier. Typisch für uns Bodybuilder - wir sind einfach 3 Stunden zu früh am Flughafen. Egal, wir trinken Kaffee und lernen uns kennen. Man merkt jedem von uns die leichte Anspannung des bevorstehenden Ereignisses an.

Angekommen in Köln geht es erstmal zum Apartment, dann im klassischen Bodybuilding Sinne einkaufen: Skyr, Chicken, Eier, Gewürze, low calorie Getränke und Energy Drinks - was sonst, alles zu Fuß - wir brauchen Steps.

Wir bereiten unsere Meals zu und freuen uns auf den morgigen Tag. Wir alle haben von unseren Coaches mehr Carbs bekommen, somit genießen wir es. Mittlerweile sind wir zu viert. Daniel Schmietta ist in unserem rustikalen Apartment dazugestoßen. Das Apartment hat eine kleine Küche, die für uns vier Athleten alles notwendige hat: Kühlschrank, Tiefkühler, Mikrowelle, Herd, Wasserkocher. Mehr braucht man nicht, um erfolgreich in eine Show zu gehen.

Flughafen Wien / Airbnb Köln

03.August 2024 - Showday

Die Nacht war bescheiden: Neues Umfeld, neues Bett, Lautstärke von der Strasse und alle paar Stunden pissen… Egal, wir bleiben im Flow und schauen, dass wir heute performen. Erstmal nen kleinen Kaffeetschi und das erste Meal welches 1-2 Stunden vor Stagetime gegessen wird vorbereiten. Heute steht wieder ein Lowday an, somit 1900 kcal mit 140g Carbs. Davon werden 40g direkt ins erste Meal investiert.

Wie für uns typisch, sind wir viel zu früh vor Ort. Anyway, um 10 Uhr öffnen sich die Türen, jedoch vergeht noch eine gute Stunde bis ich angemeldet bin. Auf dem Weg zur Tür kommt auch Coach Tobi an und ich esse mein erstes Meal. Wir anderen verlieren uns komplett aus den Augen, jeder ist bei seinem Coach/Athletengruppe.

Meine heutige Startnummer 78. Stagetime 12:40, Pump up ab 12:10 ca.

Bis dahin heißt es hinlegen, Füße hochlagern und probieren zu entspannen.

In mir steigt die Aufregung, da ich bereits ziemlich orge Athleten sehe.

Ich selbst komm mir vor wie ein fat fuck.

12:15 - Ich ziehe mich um, gehe brunzen, hau mir meine Mucke rein und beginne mich aufzupumpen.

Gefühlt keine 10 Minuten später wird meine Nummer aufgerufen.

Ich pumpe beim Warten weiter. Nach kurzer Zeit gehen wir in den offiziellen Warm Up Bereich, wo das Pumpen weitergeht. Liegestütze, Rows, Kurzhantel Curls, Trizeps Extension, Side Raises usw. der ganze Oberkörper wird aufgeblasen. Das einzige, wo ich pure Erholung möchte, sind die Beine. Dann heißt es ‘Noch 1 Minute!’, ich droppe auf den Boden und baller weiter Liegestütz bis mir dicke Kabel bzw. Google Maps auf meinen Armen erscheinen.

Pump Up Fotos by Jacob Ho

Danach geht es auf die Bühne.

Ich betrete die Halle und meine Haltung verändert sich von Schüchtern zu Gladiator. Brust raus, ich bin hier, um meine Arbeit zu präsentieren. Vorher habe ich ein paar Blicke auf die anderen Athleten geworfen - ich hoffe ich werde nicht Letzter, geht mir durch den Kopf, als ich sie sehe.

Zufällig stehe ich aufgrund meiner Nummer in der Mitte. Also heißt es das Beste draus machen, classic stand, front relaxed, rein in die Beine.

Meine Augen schweifen über die Jury.

Ich freue mich, hier zu sein.

Ich baue Druck auf die Beine auf und sehe nur wie der Head judge Andre Patris und Brosep ihre Köpfe zusammen geben und eine Handbewegung ca. in meine Richtung geht.

Ich denke mir ok, wahrscheinlich performe ich doch besser als gedacht.

Wir absolvieren die Pflichtposen.

Man schickt uns alle zurück.

Die Spannung ist unglaublich.

Nun kommen die Callouts, das bedeutet, wer war der Beste?

Meine Nummer wird aufgerufen - innerlich pack ich es absolut nicht.

Ich weiss aber, was zu tun ist.

Bestätige die Auswahl der Judges.

Ich hebe die Hand, gehe vor zur Linie und direkt in meine Front relaxed rein, um mich solo zu präsentieren, als wäre ich Maximus decimus und hätte alle anderen Gladiatoren besiegt.

Zeige Präsenz, zeige Dominanz, zeige, dass ihre Entscheidung die richtige war.

Stage Fotos by Acrey Media

Nun werden die anderen Plätze ausgerufen.

OK, 2. Runde der Posen.

Wir wollen definitiv keinen Wechsel oder Rang verlieren.

Wir absolvieren die 2. Posing Runde.

Wir werden in den Bühnenhintergrund geschickt.

Der zweite Kampf ist nun vorbei und der Krieg wird bald gewonnen sein.

Ich stehe nun hinten und verarbeite im Kopf, was gerade passiert ist.

Die restlichen Plätze werden ausgerufen, während die erste Gruppe hinten wartet.

Die zweite Gruppe ist nun fertig und wir werden zum Posedown geschickt - die Feier nach dem Krieg. Wir haben gesiegt.

Wir gehen von der Bühne und die Emotionen kommen in mir hoch.

Ich kann das grad gar nicht verarbeiten, was passiert ist.

Meine Selbsteinschätzung ist aktuell auf dem Mars.

Ich komme mir vor, als hätte ich 0 Muskelnwäre fett und hätte mich nicht ausreichend vorbereitet.

Diese Bestätigung als bester der Gruppe ist wie das Feuer eines Hochofens, der kurz vor dem Erlöschen war und wieder neuen Brennstoff bekommen hat. Ich sitze gerade am Flughafen, schreibe diesen Text und merke, wie diese Selbstbestätigung noch immer in mir die Schichten von Selbstzweifeln wie Wax auflöst.

Arnold Pose, Foto by Acrey Media

Ich bekomme nun Handshakes von Coaches, Athleten und Zuschauern. Es ist wie ein einziger Traum für mich. Die positive Energie bringt mich den Tränen nahe, als ich dann meine Familie anrufe und ihnen beschreibe, was gerade in den letzten 20 Minuten passiert ist.

Zum Abschluss des Tages spaziere ich alleine zum Apartment zurück und genieße den Tag mit Monster und Cola zero. Zufälligerweise komme ich noch an einem Zigarrengeschäft vorbei und kann meine Lieblingszigarre kaufen, welche ich dann am Abend mit den Boys in einer Shishabar rauche. Dazwischen besuche ich noch das Evoland und absolviere natürlich meine Pull / Fullbody Einheit. Was für ein Tag. Am Ende falle ich einfach komplett erledigt ins Bett und bin ready für die Rückreise und den morgendlichen Spaziergang - hey, nach der Show ist vor der Show und wir brauchen Steps!

Ich möchte mich bei euch allen bedanken für die zahlreichen Nachrichten auf Social Media. Dieser Qualifier hat mir einfach gezeigt, dass die Arbeit der letzen 5 Jahre mit allen Auf und Ups sich ausgezahlt hat.

Ich freue mich auf die kommenden Shows.

Erwarte mir aber weiterhin nichts, außer dieses Feuer für den Sport weiter anzuheizen. Egal was für ein Placing kommt. Egal wie ich performe.

Die Bühne ist der Ort, wo ich meine Arbeit präsentieren werde!

Let’s go!

Machete mit Coach Tobias Büchner, Foto by Acrey Media

TLDR: Nach monatelanger Vorbereitung habe ich erfolgreich am Evo Qualifier 2024 teilgenommen und den Gruppensieg geholt. Die Reise war geprägt von hartem Training, genauer Ernährung und einer starken Gemeinschaft. Der Sieg hat mein Selbstvertrauen gestärkt und meine Leidenschaft für den Bodybuilding-Sport neu entfacht.